Filesharing Abmahnung – Forenthesen auf dem Prüfstand
Im Folgenden möchte ich mich gerne einmal mit einigen Thesen auseinandersetzen, die immer wieder von Forennutzern und teilweise auch von Kollegen verbreitet werden, und dazu ein paar Sätze schreiben. Nachdem es schon unzählige Darstellungen zum Thema Tauschbörsennutzungen gibt, erspare ich dem Leser Auseinandersetzungen mit dem Thema „verbotene Massenabmahnung“.
1. Der beste Weg auf eine Abmahnung zu reagieren, ist die Versendung einer modifizierten Unterlassungserklärung und keine Zahlung zu leisten
Ich halte diese Vorgehensweise durchaus für einen gangbaren Weg. Wichtig ist aber, dass erstens die Rechtsverletzung nicht begangen wurde und zweitens klar ist, dass es trotz mod. UE zu einer Zahlungsklage kommen kann. Ferner finde ich persönlich wichtig, dass eigene Nachforschungen angestellt werden, wenn ein entsprechender Vorwurf erhoben wird. Ich empfehle, die Rechner auf entsprechende Daten zu durchsuchen und dazu – falls nötig – auch einen am Computer bewanderten Menschen hinzuziehen. Außerdem ist wichtig, dass alle Personen an einem Strang ziehen. Wenn zum Beispiel der Vater (Anschlussinhaber) jeden Tag nervös zum Briefkasten schaut, können die drei Jahre zur Verjährung eine lange Zeit sein. Also bitte mit allen beteiligten Personen die Optionen besprechen. Aus meiner Praxis weiß ich, dass dies nicht die Regel ist. Im Zweifel mag es sinnvoll sein, vorher einfach mit einem spezialisierten Anwalt den Fall zu besprechen.
2. Es gibt keine Klage nach Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung
Das ist nicht richtig. Nahezu alle Klagen, die mir zur Prüfung vorgelegt werden, hatten nur die Klage auf die Rechtsanwaltsgebühren zum Gegenstand, weil vorher eine mod. UE abgegeben wurde. Auch wenn anzuraten ist, ohne anwaltliche Beratung im Zweifel keinen Kontakt zum gegnerischen Anwalt herzustellen, schützt das Schweigen allein auch nicht vor einer Klage.
3. Niemand klagt wegen 800,00 EUR (ein Lied) bzw. eine solche Klage würde wegen „Geringfügigkeit“ abgewiesen
Das ist nicht richtig. Es gibt keine Mindestsumme, die eingeklagt werden muss. Es steht jedem frei, auch wegen 10,00 EUR eine Klage anhängig zu machen. Kein Richter kann die Klage abweisen, weil der Wert zu gering ist.
4. Die Rechteinhaber können nicht alle verklagen, das wäre viel zu viel Aufwand
Da ist was dran. Sicherlich ist nach Abgabe einer mod. UE die Angelegenheit für Anwälte nicht so lukrativ, dass es sich lohnen würde, alles durchzuklagen. Allerdings kann sich dies ändern, wenn die Rechteinhaber auf eine feste Rechtsprechung vertrauen können, dann mag es sich durchaus lohnen, genauso wie Massenabmahnungen durchzuführen auch Massenklagen einzureichen. Hier heißt es, die Rechtsprechung weiter zu verfolgen und sich regelmäßig auf dem Stand zu halten, um das Klagerisiko einschätzen zu können. Es mag auch sinnvoll sein, hier nach Rechteinhaber und Kanzlei zu differenzieren. Bei der Beurteilung eines Klagerisikos ist ein spezialisierter Anwalt sicher eine gute Anlaufstelle.
5. Anwalt lohnt erst nach Erhalt der Klage
Diese Auffassung halte ich ebenfalls für vertretbar, allerdings muss klar sein, dass dann immer mit deutlich höheren Kosten zu rechnen ist als im außergerichtlichen Verfahren. Diese Lösung ist besonders geeignet, wenn – notfalls – auch das Geld da ist, wenn der Prozess verloren wird. Für empfehlenswerter halte ich es daher, von Anfang an eine Verteidigungsstrategie gemeinsam mit einem Anwalt auszuarbeiten. Der Eine oder Andere schläft sicher besser, wenn er weiß, dass sein Fall professionell gehandhabt wird.
6. Wer einmal zahlt, dessen Adresse wird weitergereicht und der bekommt eine Abmahnung nach der anderen
Ich denke nicht, dass ein Adresshandel stattfindet. Allerdings kommt es derzeit tatsächlich immer wieder zu Mehrfachabmahnungen. Das hängt aber wohl eher damit zusammen, dass über einen längeren Zeitraum Musik/Filme über den Anschluss getauscht wurden. Schließlich kann man bei einer längeren Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit auch mehrfach geblitzt werden.
Es ist aber im Fall einer Abmahnung wichtig, die Gefahr von Folgeabmahnungen prüfen zu lassen, um gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe Folgeabmahnungen abzuwehren. Nicht richtig ist, dass nach dem Herunterladen einer Top 100 auch 100 Abmahnungen für einzelne Lieder kommen, drei bis vier sind denkbar, aber wie gesagt mit anwaltlicher Unterstützung auch verhinderbar.
Ich rate daher davon ab, einfach die geforderte Summe ungeprüft zu zahlen.
7. Die Rechteinhaber stellen die Sachen selber in Netz, um dann kostenpflichtig abzumahnen
Ich halte das ehrlich gesagt für unwahrscheinlich. Die Tauschbörsen waren auch schon voll, bevor es Abmahnungen gab. Diese Gerüchte bestehen nach meiner Meinung schwerpunktmäßig bei Erotik-Filmen und auch hier bin ich sehr skeptisch. Zumindest liegen mir noch keine Beweise für diese These vor. Wenn dies aber so wäre, wäre die Abmahnung in jedem Fall rechtsmissbräuchlich und damit gegenstandslos.
8. An Abmahnungen verdienen am meisten die Anwälte
Das ist wohl wahr. Den größten finanziellen Vorteil von Abmahnungen haben wohl die beteiligten Anwälte. Die Rechteinhaber können ihren Schaden – soweit erlitten – derzeit nur schwer gerichtlich durchsetzen. Der größte Vorteil der Rechteinhaber ist die Unterlassungserklärung, die ihnen regelmäßig zusteht, mittels welcher weitere Verstösse verhindert werden sollen.
9. Nicht Reagieren ist die beste Lösung
Diese These wird nur noch sehr selten vertreten. Aus gutem Grund, denn ein Nichreagieren erhöht die Klagewahrscheinlichkeit erheblich, weil ein viel höherer Streitwert eingeklagt werden kann. Außerdem droht eine sog. Einstweilige Verfügung – eine Art „Schnellgerichtsverfahren“. Die Einstweilige Verfügung ergeht regelmäßig, ohne dass der Abgemahnte zuvor gehört wird.
10. Es droht immer auch ein Strafverfahren bzw., wer die geforderte Summe nicht zahlt bekommt einen Eintrag ins Führungszeugnis …
Die neuen Verfahren gehen zu 90 % über den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch. Das heißt es gibt kein Strafverfahren. Daher droht auch keine Hausdurchsuchung oder ähnliches. Das war im letzten Jahr noch anders, daher bitte nicht Beiträge von vor einem Jahr 1:1 auf heute übertragen. Einen Eintrag ins Führungszeugnis können Sie nicht bekommen, wenn Sie die Abmahnung nicht bezahlen. Ein Eintrag ins Führungszeugnis ergeht nur über ein Strafverfahren, das regelmäßig gerade nicht stattfindet. Faustformel: Wenn im Abmahnschreiben § 101 Abs. 9 UrhG als Grundlage für die Adressermitllung genannt wird, gibt es kein Strafverfahren.
Abschließend empfehle ich jedem, der eine Abmahnung erhalten hat, sich viel Zeit zum Lesen bereitzuhalten. Information ist extrem wichtig. Wichtig ist aber auch die Auseinandersetzung mit Fachbeiträgen und nicht nur mit Forenbeiträgen. Wer sich ohne Rechtsanwalt gegen eine Abmahnung wehren will, sollte sich umfassend informieren. Nutzen Sie unabhängige Quellen wie den Verein gegen den Abmahnwahn oder auch Abmahnwahn.dreipage zur Informationssuche. Gerne können Sie auch mich im Rahmen einer kurzen kostenlosen telefonischen Ersteinschätzung über Chancen und Risiken kontaktieren.
Ihr
Dr. Alexander Wachs
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