Kanzlei Rasch in Bedrängnis – Abmahnungen der letzten Jahre unwirksam (?) – LG Hamburg (308 O 710/09) spricht ein Machtwort
Das LG Hamburg hat in seiner Entscheidung 308 O 710/09 vom 8. Oktober 2010 klare Worte zu den „alten Abmahnungen“ welche von der Kanzlei Rasch für die sog. Musik Majors versandt wurden gefunden. Dort heißt es nämlich wörtlich:
„Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Zahlung von Abmahnkosten. Zwar bestand beiden Beklagten gegenüber ein Unterlassungsanspruch. Die Beklagten sind aber nicht wirksam abgemahnt worden.
In der Abmahnung legitimierten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen für sechs verschiedene Tonträgerunternehmen, unter anderem die Klägerinnen, die in ihrer Gesamtheit als die führenden deutschen Tonträgerhersteller bezeichnet wurden. Es wurde ausgeführt, dass die ermittelten 4120 Audiodateien Musikrepertoire enthielten, an denen diese Tonträgerunternehmen die ausschließlichen Verwertungsrechte besäßen. Eine Zuordnung der jeweiligen Audiodateien zu dem jeweiligen Unternehmen erfolgte nicht.
Das genügt nicht den Anforderungen an eine wirksame Abmahnung. Das gemeinsame Auftreten von sechs abmahnenden Parteien mit der pauschalen Behauptung, in einer Vielzahl von ermittelten Dateien seien Aufnahmen aus dem Repertoire der Abmahnenden enthalten, vermittelt nicht in gebotener Weise die Sachbefugnis, aus der ein Unterlassungsanspruch hergeleitet wird. Zudem fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit. Es wäre jedenfalls erforderlich gewesen, darzulegen, welcher Abmahnende bzgl. welcher Audiodatei die Rechte geltend macht und die Nutzung beanstandet.“
Dies ist vor allem für die Altfälle von Bedeutung, die gerade vor der Verjährung stehen. Sollte dieses Urteil nämlich Bestand halten, müsste die Kanzlei Rasch alle „Altfälle“ vor der Verjährung noch einmal neu abmahnen. Das wird jedoch kompliziert, wenn bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde und diese auch von der Kanzlei Rasch für ihre Mandanten angenommen wurde. Dann ist nämlich der Unterlassungsanspruch entfallen und es besteht kein Raum für eine neue Abmahnung. Mithin wäre es auch extrem schwierig, die Abmahngebühren gerichtlich durchzusetzen.
Für die Kanzlei Rasch kann diese Entscheidung nur als der „Super-GAU“ bezeichnet werden. Die Versendung tausender unwirksamer Abmahnungen über einige Jahre für die Großen der Musikindustrie durch eine Kanzlei, die nichts anderes macht als Abmahnungen zu versenden. Da ist wirklich mal Musik drin.
Diese Entscheidung wurde durch die Urheberrechtskammer des LG Hamburg mit prominenter Besetzung gefällt, und sie ist so überzeugend begründet, dass ich zuversichtlich bin, dass hier die sicher bevorstehende Berufung erfolglos bleiben wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte dieser Rechtsprechung anschließen werden. Entscheidungen der Urheberrechtskammer aus Hamburg haben in jedem Fall erhebliches Gewicht.
Aber Achtung: Diese Entscheidung betraf einen Fall, bei dem für mehrere große Plattenfirmen gleichzeitig einige hundert Lieder abgemahnt wurden. Auf die aktuellen Fälle der „ein Album Abmahnung“ für Universal ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar, denn dort ist das abgemahnte Werk eindeutig und konkret bezeichnet.
Ihr
Dr. Alexander Wachs
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