Auskunft des LG Köln in Streaming Verfahren: Erläuterung und Problemdarstellung
Viele tausende Personen (nach unserer Schätzung über 28.000,00) haben eine Abmahnung von „The Archive AG“ – versendet durch U+C Rechsanwaltsgesellschaft mbH erhalten – wegen des Vorwurfs einen Film gestreamt zu haben. Derzeit rätselt die Fachwelt über zwei Fragen.
1) Woher hat „The Archive AG“ die IP-Adressen bekommen?
Im Rahmen eines Streaming Portals ist die IP-Adresse technisch eindeutig grundsätzlich nur für das Streaming Portal (hier redtube) ersichtlich, woher kamen also die IP-Adressen? Hat Redtube diese herausgegeben? Oder wurden diese durch „technische Tricks“ erlangt? Diese Frage ist weiter unklar. Auch die durch uns mittlerweile erfolgte Durchsicht einer Akte der Auskunftsverfahren des LG Kölns war und ist zu dieser Frage unergiebig.
2) Warum hat das LG Köln den Provider verpflichtet die IP-Adressen zuzuordnen?
Geklärt werden konnte allerdings durch die Anwälte der Kanzlei Dr. Wachs mittlerweile, warum das LG Köln den Provider verpflichtet hat die IP Adressen geegenüber den Klarnamen aufzulösen. Nach dem Wortlaut besteht der Auskunftsanspruch nur bei Verletzungen „in gewerblichem Ausmaß“. Das mag bei einer Tauschbörsenverbreitung diskutiert werden, aber sicher nicht bei einem alleinigen Ansehen im Streaming. Allerdings hat der BGH in dem Beschluss vom 19. April 2012 (Az.: I ZB 80/11) – „Alles kann besser werden“, die „Gewerblichkeit“ teleologisch reduziert mithin dieses Tatbestandserfordernis nicht mehr im Rahmen des Auskunftsverfahrens gefordert. Mit erheblichen Problemen wie der vorliegende Fall zeigt. Allerdings gilt weiter das Merkmal der „offensichtlichen Rechtsverletzung“. Dies hat der BGH bei Tauschbörsennutzungen bejaht, muss jedoch beim Streaming noch einmal neu gewürdigt werden. Im schlimmsten Fall müsste hier wieder einmal der Gesetzgeber aktiv werden. Hier sind also noch Rechtsfragen klärungsbedürftig.
Warum hat also das LG Köln trotzdem (?) hemdsärmlig den Provider zur Nennung der Adressen verpflichtet? Unsere Durchsicht einer Gerichtsakte führt uns zu der Erkenntnis, dass sich das Gericht geirrt hatte. Es ist von der irrigen Tatsache ausgegangen, dass es sich bei dem Antrag um einen Antrag wegen eines „Filesharing-Vorwurfs“ handelt. Dies bestätigt die erlassene Verfügung des LG Kölns. Der Antrag wurde übrigens nicht durch die abmahnende Kanzlei Urmann und Collegen gestellt sondern durch eine Rechtsanwaltskanzlei aus Berlin.
Nach meiner Meinung hätte das LG Köln genauer hinschauen müssen, allerdings habe ich den Eindruck, dass der Umstand, dass es nicht um Tauschbörsen ging in dem Antrag gezielt „verbuddelt wurde“. Nach meiner Prüfung wird in dem mir vorliegenden Antrag nicht an einer Stelle von „Streaming“ gesprochen, nicht einmal der Begriff „redtube“ fällt im Antrag. Vielmehr wird von sog. „Download-Portalen von Filmen“ gesprochen. Das klingt eher nach Tauschbörse. Ansonsten gibt es nur zwei Punkte, die das Gericht zur genaueren Prüfung hätte verleiten können.
1) Bei den protokolierten Daten wird auch der „Hash-Wert der URL“ erwähnt. Hash Werte gibt es auch im Filesharing aber der URL Hinweis, macht natürlich keinen großen Sinn.
2) Deutlich schwerer und von den Internet Kommentatoren bislang übersehen wiegt, dass in in dem Antragsschrift nicht das Recht zur Zugänglichmachung als verletzt gerügt wird sondern vielmehr Rechtsverletzungen im Sinne des 16 UrhG (Vervielfältigungsrecht).
Sicher ist damit, dass der Beschluss unter falschen Vorstellungen vom Gericht erlassen wurde. Allerdings bin ich gar nicht sicher, ob das Gericht – abgesehen von der natürlichen zentralen Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung im Streaming zu sehen ist – sich nicht auf den Standpunkt stellen könnte, dass die Auskunft (trotzdem) rechtmäßig war- und schuld daran ist nur der BGH. Juristisch denkbar wäre das. Insoweit gilt es Eine einzuleitende Beschwerde wäre aber nach meiner Meinung in jedem Fall erfolgsversprechend.
UPDATE: Es gibt mittlerweile eine Stellungnahme des LG Kölns, die ich hier veröffentlichte und kommentierte.
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