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Turn Piracy into Profit: Filesharing-Verwerter

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Wir führen derzeit einige Gerichtsverfahren, in denen „Filesharing-Verwerter“ Klage erhoben haben, die sich das Recht haben einräumen lassen hinsichtlich bestimmter Werke (teilweise unbestimmt auf den gesamten Rechtekatalog bezogen) Werke in Tauschbörsen zuänglich zu machen und Verletzungen kostenpflichtig abzumahnen. Die Erlöse aus den Abmahnungen werden dann aufgeteilt zwischen dem Rechteinhaber und dem „Filesharing-Verwerter“. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dieses Geschäftsmodell, welches gern unter Varianten von „Turn Piracy into Profit“ diskutiert wird, abzulehnen. Es bestehen mithin weder Unterlassungsansprüche noch Schadensersatzansprüche.

1. Tauschbörsenverwertungsrecht eigenständiges ausschließliches Nutzungsrecht?

 Es spricht einiges dagegen, das Recht einen Film oder ein Musikstück in Tauschbörsen anzubieten, als ein eigenständiges Nutzungsrecht im Sinne des § 31 UrhG anzuerkennen Welche Nutzungsarten im Sinne des § 31 UrhG jeweils im Rahmen eines Nutzungsrechts übertragen werden können, hängt von der wirtschaftlich-technischen Verwertungsmöglichkeit ab (Wandtke Bullinger 2. Auflage Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 27). Die reine Zugänglichmachung in Tauschbörsen erfüllt diese Anforderungen nicht. Dies haben Jänich/Eichelberger, MMR 2008, 576 – Die Verwertung von Musikaufnahmen in dezentralen Computernetzwerken als eigenständige Nutzungsart des Urheberrecht? bereits 2008 erläutert: Obwohl es keinen Numerus Clausus der Rechte am geistigen Eigentum gibt, sind der Aufspaltbarkeit der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse im Interesse der Rechts- und Verkehrssicherheit Grenzen gesetzt. Eine eigenständige Nutzungsart verlangt deshalb eine nach der Verkehrsanschauung hinreichend klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbstständig erscheinende Art und Weise der Nutzung.

a) Abgrenzbarkeit der öffentlichen Zugänglichmachung in dezentralen Netzwerken zu bekannten Download Angeboten wie I-Tunes

 Aus der Sicht des Nutzers besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Download über I-Tunes und dem Download aus einer Tauschbörse – Jänisch/Eichelberger sprechen von „funktionaler Äquivalenz“. Der Nutzer will nur das Musikstück bzw. den Film. Aus Nutzersicht handelt es sich damit nicht um eine abgrenzbare Nutzung. Die Nutzersicht ist aber gerade der entscheidende Beurteilungsfaktor wie der BGH in GRUR 1997, 215, (217) – Klimbim festgestellt hat.

Dies zeigt sich nach der hier vertretenen Auffassung auch, wenn neuerdings etwa der Künstler Thom Yorkes sein Album über bittorrent vertreibt. Dem Nutzer ist egal, ob er 5 Dollar für einen Freischaltcode leistet oder über das Portal I-Tunes.

b) Selbstständige wirtschaftliche Verwertbarkeit

Ferner müsste die Verbreitung in Tauschbörsen einen neuen Markt im Vergleich zu der Verbreitung über Serversysteme darstellen. Die legalen Angebot gewönnen aber nicht mehr Kunden, wenn sie ihr bisheriges Angebot nun kostenpflichtig nicht mehr über Serversysteme sondern über Tauschbörsen anböten.

Diese Rechtsauffassung wird auch von Hoeren/Sieber, Multimedia Recht, 37 Ergänzungslieferung 2014 geteilt, als eine eigenständige Nutzungsart mit den Worten verneint wird: „Aus technischer Sicht stellen sich bei Tauschbörsen keine Besonderheiten gegenüber dem sonstigen Musikvertrieb über das Internet. Wirtschaftlich bietet der Tauschhandel keine eigenständige Verwertungsmöglichkeit. Es wird kein ökonomischer Mehrwert geschaffen, weil lediglich unerlaubte Vervielfältigungen kostenlos ausgetauscht werden. Der Musiktausch im Internet ist vielmehr vom Nutzungsrecht des Online-Vertriebs umfasst […].

2. Turn Piracy into Profit als Geschäftsmodell im engeren Sinne

Selbst wenn man aber der Auffassung folgen würde, dass die exklusive Verbreitung in Tauschbörsen ein eigenständiges Nutzungsrecht wäre, wäre die zugrundeliegende Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts zwischen Rechteinhaber und Filesharing-Verwerter gem. § 138 BGB nichtig. Die Nutzungsübertragung unter der Prämisse, dass der Vertrag nur durchgeführt und gelebt werden kann, wenn Rechtsverletzungen geschehen, ist nicht von der Rechtsordnung zu billigen. Der Filesharing-Verwerter kann schließlich nur dann an den Lizenzgeber ein Nutzungsentgelt leisten, wenn zuvor Dritte erhebliche Rechtsbrüche durchgeführt haben. Dieser Punkt wurde ähnlich auch vom Amtsgericht München 171 C 2701/14 im Hinweisbeschluss v. 12.6.2014 angerissen – wenn auch § 138 BGB (noch) nicht diskutiert wurrde, und ferner ausgeführt, es sei „undenkbar, die Klägerin [sc. Filesharing-Verwerter] wie einen Filmhersteller oder einen Lizenznehmer zu behandeln, der wirtschaftlich wie ein Filmhersteller agiert, nämlich an der Vermarktung seines Produkts gegen Vergütung interessiert ist […]“.

3. Fazit zum Filesharing-Verwerter

Letzlich kann wohl offenbleiben, ob es sich bei dem dem Tauschbörsenverbreitungsrecht um ein eigenes Nutzungsrecht handelt oder ob die Übertragung sittenwidrig und damit nichtig ist. Ein Filesharing-Verwerter, der lediglich Rechtsverletzungen zu versilbern sucht, ist in jedem Fall nicht schutzwürdig. Über Fragen, Ergänzungen oder weiterführende Überlegungen in den Kommentaren sind gern gesehen. Gleiches gilt übrigens zu den in hier veröffentlichten Überlegungen zur Schadensberechnung beim Filesharing.

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