1.000,00 EUR Streitwert? Vergesst das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken
Derzeit werden verschiedene Beschlüsse und Entscheidungen des Amtsgerichts Hamburg, in denen in Filesharing Verfahren der Streitwert auf 1.000,00 EUR reduziert wurde, diskutiert. Veröffentlicht wurden bisher u.a. der Hinweisbeschluss vom Amtsgericht Hamburg v. 24.07.2013 Az. 31a C 109/13. Auch in von uns geführten Verfahren hat das Amtsgericht Hamburg zu erkennen gegeben, dass bei einem Album der Streitwert auf 1.000,00 EUR festgesetzt werden soll. Der folgende Beitrag will verschiedene Deutungen beleuchten.
Auslegung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken
Es gibt zunächst das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ zu analysieren, teleologisch (Sinn und Zweck) und grammatikalisch (Wortlaut). Die Rechtsnatur des 97a Abs 3 UrhG N.F. ist nach meiner Meinung bestenfalls zweideutig. Handelt es sich um eine Streitwertreduzierung so wohl OLG Köln 6 U 10/13 v. 2.8.2013, wenn es ausführt, „die etwa künftige Normierung eines einheitlichen Regelgegenstandswerts von 1.000,00 EUR für Abmahnungen gegenüber Privatpersonen findet in der im Jahr 2008 und derzeit gültigen Gesetzlage keinen Niederschlag“. Wenn man dieser Auffassung folgt, gilt immer ein Streitwert von 1.000,00 EUR. Diese Lesart ist aber nach dem Wortlaut nicht zwingend. Der Worlaut streitet eher für eine Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten. Dann bliebe der (Unterlassungs)Streitwert beim alten Wert.
Systematisch könnte dafür sprechen, dass die Regelung aus dem GKG entfernt wurde wie zunächst avisiert und statt dessen in das UrhG in den Rahme der erstattungsfähigen Kosten aufgenommen wurde. Nach diesseitiger Auffassung wäre dann aber der Streitwert weiter „der Alte“ und nicht 1.000,00 EUR. Der Unterlassungsstreitwert betrüge also weiter z.B. 10.000,00 EUR. Es blieben die erhebliche Kostenfolgen/-risiken für dienjenigen, welche keine Unterlassungserklärung abgeben.
Welche Folgen hat das Gesetz?
Eine andere Lösung wäre auch nicht denkbar, denn wollte man auch die Unterlassung (ausschließlich) für den Beklagten privilegieren, führte dies zu absurden Kostenfolgen. Unterstellt die Rechtsverletzung hätte stattgefunden und die Klägerin würde voll obsiegen, hat aber gegen den Beklagten nur einen Kostenerstattungsanspruch nach einem Streitwert von 1.000,00 EUR (der Streitwert betrüge aber weiter 10.000 EUR, die Klage wäre wegen der Kostenquote trotz Obsiegens ein „Verlustgeschäft“. Dies könnte auch prozessual durch geschickte Anträge nicht verhindert werden.
Die hier angerissenden Probleme lassen sich nur dann verhindern, wenn das Gericht den Streitwert generell auf 1.000,00 EUR setzt und das Gesetz allenfalls als Grundlage zur Neuprüfung der Streitwerte im Rahmen des § 3 ZPO sieht, so ähnlich Amtsgericht Hamburg aaO. Das verhunzte Gesetz wird mehr Probleme schaffen als es behebt. Daher kommt es auch nicht darauf an, wann das Gesetz in Kraft tritt. Im Anschluss dann noch einmal das Gesetz, wie es wohl verkündet werden wird:
§ 97 a UrhG (n.F.)
(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe be-wehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
(2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise:
1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen
3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene
Unterlassungsverpflichtung über die abge-mahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Nummern 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt
werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der
gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 EUR, wenn der Abgemahnte
1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche
oder selbständige berufiche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkenn-bar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.“
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