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Keine Gegendarstellung bei offenen Fragen: Jauch verliert vor dem Bundesverfassungsgericht

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Gegendarstellung

Das Bundesverfasssungsgericht hat darüber entschieden, ob eine offene Frage einem Gegendarstellungsanspruch zugänglich ist.

Was ist eine Gegendarstellung überhaupt?

Der ein oder andere wird eine Gegendarstellung schon gesehen haben. Es handelt sich gerade bei seriösen Pressemagazinen um ein sehr unbeliebtes Instrument, wenn es gegen sie genutzt wird. Die Gegendarstellung beruht historisch auf dem Grundsatz, dass auch die andere Seite gehört werden muss ("audiatur et altera pars"). Vor Twitter, Facebook und Co gab es nur die Presse und Rundfunk und die Öffentlichkeit. Wenn eine Zeitung einen Artikel geschrieben hatte, hatte der Betroffenen keine Möglichkeit seine Sicht der Dinge mitzuteilen. Der Andere wurde also nicht gehört. Daher wurde für diesen der Anspruch geschaffen, seine Sicht der Dinge mitzuteilen, in den letzten 20 Jahren sind spezialisierte Kanzleien dazu übergegangen, diese Ansprüche auch auf der Titelseite der Publikationen umzusetzen.

Der Gegendarstellungsanspruch ist über zahlreiche Gesetze und Staatsverträge geregelt unter anderem:

  • für den pressrechtlichen Anspruch in § 11 HambPresseG;
  • für den Bereich des privaten Rundfunks in § 10 MedienStV HSH;
  • für den öffentlichen Rundfunk § 12 NDR –STV;
  • für Telemedien in 56 RfStV

Wie lautet eine durchgesetzte Gegendarstellung ?

Die meisten Leser werden eine Gegendarstellung in Zeitungen schon einmal gesehen haben:  Im Beitrag vom wird dies und jenes behauptet. Dazu stelle ich fest: „XYZ“ Unterschrift. Seltener sind aber Gegendarstellungen im Rundfunk erinnerlich.  Ich  erinnere mich zumindest an eine  aus der  Harald Schmidt Show: 

Wann kann eine Gegendarstellung durchgesetzt werden?

Die Gegegendarstellungsanspruch ist Ausdruck des Gedankens, dass auch die andere Seite gehört werden muss. Er richtet sich gegen Tatsachenbehauptungen, wobei nicht geprüft wird, ob die angegriffene Behauptung unwahr ist. Andererseits hat der Anspruchssteller aber auch kein „Recht zur Lüge“. Wenn ein Gegendarstellungsanspruch offenkundig unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, ist er unbegründet. 

Worum ging es in der Jauch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gegendarstellung

Auf der Titelseite einer Zeitschrift der Regenbogenpresse wurde am 29. Februar 2012 veröffentlicht:

"Günther Jauch - Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?"

Der zugehörige Artikel im Innenteil stellte dar, dass ein ehemaliger Klassenkamerad des Moderators J. im Jahr 1982 einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwischen J. und seinem Freund bereits seit längerem kein Kontakt mehr bestanden, was der veröffentlichenden Zeitschrift auch bekannt war.

Die dann gerichtlich durchgesetzte Gegendarstellung lautete wie folgt:

Gegendarstellung

Auf der Titelseite von „Woche der Frau“ vom 29. Februar 2012 schreiben Sie über mich:

„Günther Jauch. - Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?“

Hierzu stelle ich fest:

Ich hatte keine Möglichkeit, meinen Freund zu retten, da er aufgrund einer Erkrankung verstorben ist, auf die ich keinerlei Einfluss hatte.

Potsdam, den 9. März 2012

Günther Jauch

Im Streit um die Kostenerstattung landete die Angelegenheit dann beim Bundesverfassungsgericht AZ 1 BvR 442/15 v. 7. Februar 2018

Wie ist diese Überschrift einzuordnen?

Es spricht vieles dafür in der Frage die (verdeckte) Tatsachenbehauptung zu lesen, dass  er ihm hätte helfen können. Etwa durch Zugang zu besseren Ärzten, Pflege etc. 
Das Bundesverfassungsgericht AZ 1 BvR 442/15 v. 7. Februar 2018 war aber der Meinung, dass  der Gegendarstellungsanspruch hier ins Leere gehen müsse, weil sich solche „offenen Fragen“ keine klaren Tatsachen enthielten:

„Allein der Eindruck, dass für das Aufwerfen einer inhaltlich offenen Aufmacherfrage irgendein Anlass bestehen müsse, genügt danach zur Annahme einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung nicht. Jede Frage enthält, indem sie sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, kraft ihres Gestelltwerdens ausgesprochen oder unausgesprochen Annahmen tatsächlicher oder wertender Art über ihren Gegenstand (vgl. BVerfGE 85, 23 <32>).“

Überzeugt diese Entscheidung?

Mich überzeugt die Entscheidung eher nicht. Sie ist insoweit nachvollziehbar als das Gericht offenbar mögliche Diskussionen um Lesarten verhindern will und wahrscheinlich auch die Presse bei  der Gestaltung der Titelzeile nicht so an die Kandarre nehmen will. 
Das BVerfG weist insoweit zu Recht darauf hin, dass  bei „der unberechtigten Erörterung ehrverletzender Fragen oder privater Angelegenheiten, auch in der Einkleidung von Aufmacherfragen“  Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche in erheblicher Höhe bestehen.  Damit seien dann wohl Schutzlücken nicht zu befürchten.

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