Das zivilrechtliche Beweisverwertungsverbot bei Urheberrechtsverletzungen
Ganz neu in der Diskussion um Abmahnungen ist ein zivilrechtliches Beweisverwertungsverbot der im Strafverfahren erlangten Daten. Entfacht wurde diese Diskussion durch ein orbiter dictum des OLG Frankfurt vom 1.7.2008 AZ 11 U 52/07 in seiner spektakulären Entscheidung zur Beschränkung der Störerhaftung bei Verwendung eines ungeschützten W-lan Anschlusses. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil nicht rechtskräftig ist und die Revision noch möglich ist. Dem liegt folgende Grundkonstellation zu Grunde:
Die Rechteinhaber erlangen – mangels eines derzeitigen direkten Auskunftsanspruchs gegenüber dem Internetdienstabieter – die Adresse des abzumahnenden Anschlussinhabers nur über ein zuvor durchgeführtes Strafverfahren. In der Praxis fragen dazu die Staatsanwaltschaften die Daten bei dem Provider ab. Bisher umstritten war, ob dies gestattet oder ob ein richterlicher Beschluss zur Herausgabe der Daten notwendig ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft in München bezog dazu auf eine durch den Unterzeichner bereits im letzten Jahr eingereichte Beschwerde am 29.10.2007 Stellung wie folgt:
„Ein richterlicher Beschluss war unnötig. Zwar ist der Beschwerde zuzugeben, dass die Frage, ob ein Auskunftsverlangen über die Inhaber einer dynamischen IP-Adresse auf ein Auskunftsersuchen nach den §§ 161, 163 StPO i.V.m § 113 TKG gestützt werden kann oder ob ein richterlicher Beschluss nach §§ 100 g, 100 h StPO i.V.m 113 TKG richtet, umstritten ist. Die herrschende und zutreffende Meinung geht jedoch davon aus, dass ein Auskunftsersuchen sich nach den §§ 161, 163 StPO i.V.m § 113 TKG richtet“.
Das OLG Frankfurt widersprach dieser Rechtsauffassung nun in seinem Urteil und führte stattdessen aus, es hätte zur Herausgabe der dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Daten eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses nach § 100 g StPO bedurft. Wenn ein solcher nicht vorgelegen hat – was nach der Praxis der Staatsanwaltschaften grundsätzlich nicht der Fall ist – unterliegen nach dem OLG Frankfurt aaO „Erkenntnisse, die ohne erforderliche richterliche Anordnung erlangt worden sind […] auch im Zivilprozess einem Verwertungsverbot […].
Das zivilrechtliche Beweisverwertungsverbot
Die juristische Kommentarliteratur erkennt Beweisverwertungsverbote auch im Zivilrecht etwa bei der Nichtachtung der verfassungsmäßigen Rechte, und wenn diese Eingriffe nicht durch eine Güterabwägung gerechtfertigt werden. Folgt man dem OLG Frankfurt, so bedeutet das nicht weniger, als dass die Rechteinhaber keine Möglichkeit mehr haben, die über die Staatsanwaltschaften ermittelten Daten zu nutzen. Dies hätte nach meiner Meinung zur Folge, dass die zivilrechtlichen Abmahnungen wohl gegenstandlos wären, zumindest aber alle Klagen der Rechteinhaber abgewiesen werden müssten. Dennoch sollte hier nicht der Tag vor dem Abend gelobt werden. Zum einen ist diese Entscheidung des OLG Frankfurt eher als mutige Mindermeinung zu beurteilen (zusammen mit dem LG Frankenthal). Zum anderen folgt nun ohnehin der zivilrechtliche Auskunftsanspruch.
Denkbar wäre allerdings, dass die Staatsanwaltschaften, um nicht weiter mit Auskunftsersuchen der Rechteinhaber überfrachtet zu werden, die Entscheidung des OLG Frankfurts dankbar aufgreifen, um zumindest nach der Einführung des zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs nicht weiter von den Rechteinhabern instrumentalisiert zu werden. Schließlich haben einige Abmahnkanzleien bereits angekündigt, auch nach Einführung des zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs weiterhin den Weg über die Staatsanwaltschaften zu wählen.
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