Referentenentwurf sieht 500,00 EUR Streitwert bei Filesharing vor
Nachdem die sog. 100,00 EUR Deckelung von den Gerichten nur äußerst widerwillig angewandt wurde, hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger eine gesetzliche Neuregelung angekündigt. Ein entsprechender Referententwurf Bearbeitungsstand: 12.03.2012 13:48 Uhr des Bundesministeriums der Justiz wurde unter dem Namen „Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ veröffentlicht. Das Gesetzesvorhaben bezieht sich nicht ausschließlich auf die Problematik der Filesharing Abmahnungen:
A. Problem und Ziel
Unseriöse Geschäftspraktiken in den Bereichen Inkassowesen, Telefonwerbung und Abmahnwesen sowie im Zusammenhang mit datenschutzrechtlichen Einwilligungen sind immer wieder Gegenstand von Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger. Diesen Praktiken ist gemeinsam, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, obwohl
sie selbst entweder keine oder nur vergleichsweise geringfügige Rechtsverstöße begehen, erhebliche Verluste finanzieller oder immaterieller Art hinnehmen müssen oder zumindest der Gefahr solcher Verluste ausgesetzt sind. Dies hat das Rechtsempfinden einiger Bürgerinnen und Bürger erheblich gestört. Die vorgeschlagenen Regeln zielen auf die Eindämmung unseriöser Praktiken in den genannten Bereichen, ohne die berechtigten Belange seriöser Gewerbetreibender zu beeinträchtigen.
B. Lösung
Der Gesetzentwurf sieht zur Eindämmung einiger unseriöser Geschäftspraktiken bestimmte Verbotstatbestände, die Verringerung finanzieller Anreize, mehr Transparenz sowie neue oder schärfere Sanktionen vor. Da die vorgeschlagenen Regeln darüber hinaus inhaltlich ineinander greifen, wird ein deutlich verbesserter Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen unseriöse Geschäftspraktiken hergestellt.
Am interessantesten sind aber sicherlich die Änderungen, welche „Urheberrechts Abmahnungen“ betreffen, denn dort heißt es: „Änderung des Urheberrechtsgesetzes § 97a des Urheberrechtsgesetzes vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„§ 97a
Abmahnung
(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf
Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit
einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
(2) Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
verlangt werden. § 49 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden.
(3) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die
Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche
bleiben unberührt.“
Artikel 10
Änderung des Gerichtskostengesetzes
Das Gerichtskostengesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe zu § 49 wird wie folgt gefasst:
„§ 49 Urheberrechtsstreitsachen“.
b) Die Angabe zu § 51 wird wie folgt gefasst:
„§ 51 Gewerblicher Rechtsschutz“.
2. § 49 wird wie folgt gefasst:
„§ 49
Urheberrechtsstreitsachen
(1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs-
oder Beseitigungsanspruch 500 Euro, wenn der Beklagte
1. eine natürliche Person ist, die urheberechtliche Werke oder durch verwandte
Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige
berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer
rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung
zur Unterlassung verpflichtet ist.
(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch
nebeneinander geltend gemacht werden.“
Mit anderen Worten die Abmahnung würden erheblich günstiger, denn betrachtet man sich die aktuellen Abmahnunge ist dort immer noch von Streitwerten von 10.000,00 EUR die Rede. In der Folge würde auch der Rechtsschutz des Bürgers gegen Abmahnungen erheblich verbessert. Denn selbst wenn keine Unterlassungserklärung abgegeben würde, wären die Kosten des Rechtsstreits auch für wirtschaftlich benachteiligte Bürger endlich tragbar. Diese würden sich nämlich wie folgt berechnen.
Kostenrisiko-Übersicht
Wert: 500,00 EUR
Auftraggeber: 1
Auftraggeber Gegenseite: 1
1,0 Gerichtsgebühren gem. § 3 GKG 35,00 EUR
1,0 Gebühr gem. § 13 RVG 45,00 EUR
1,2 Gebühr gem. § 13 RVG 54,00 EUR
1,3 Gebühr gem. § 13 RVG 58,50 EUR
2,5 Rechtsanwaltsgebühren gem. § 13 RVG (Mandantenseite) 112,50 EUR
Postauslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG (Mandantenseite) 20,00 EUR
Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG (Mandantenseite) 25,18 EUR
2,5 Rechtsanwaltsgebühren gem. § 13 RVG (Gegenseite) 112,50 EUR
Postauslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG (Gegenseite) 20,00 EUR
Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG (Gegenseite) 25,18 EUR
3,0 Gerichtsgebühren gem. § 3 GKG 105,00 EUR
Summe (mit 50,36 EUR USt.) 420,36 EUR
Selbst wenn man davon ausginge, dass noch Schadensersatz geltend gemacht würde, was die Angelegenheit wohl auch berufungsfähig machte, wäre die finanzielle Belastung tragbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Entwurf ein Gesetz wird ist wohl mit unter einem Prozent anzusetzten. Der Bruch ist zu stark und nachdem die Urheber ohnehin aktuell sehr unzufrieden sind, ist das Vorhaben nicht politisch durchsetzbar.
Meine Hoffnung wäre dagegen, 500 EUR Streitwert pro Lied – damit könnten alle (auch die Urheber- und Rechteverwerter) sehr gut leben. Dieser Streitwert wäre wenigstens durchsetzbar und nicht ein offenkundiger Versuch ein paar Stimmen von der Piratenpartei abzustauben. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen.
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