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BGH v. 15.05.2014, Az. I ZB 71/13: Erstattung vorgelagerter Kosten

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Der BGH hatte  mit Beschluss vom 15.05.2014, Az. I ZB 71/13 die Frage geklärt, ob die  Kosten des Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG also das Verfahren, welches nötig ist um die ermittelte IP-Adresse einen Namen und Adresse vom Provider zuordnen zu lassen erstattungsfähig sind und wenn ja in welcher Höhe.

Was forderte die Beschwerdeführerin?

Die Beschwerdeführerin hatte nach einer Filesharing Klage einen gerichtlichen Vergleich mit dem Beklagten geschlossen, wonach dieser Summe X und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurden dann neben den anwaltlichen Kosten für den Rechtsstreit im Prozess (Erkenntnisverfahren) noch Kosten in Höhe von 856,63 EUR für das vorgelagerte Auskunftsverfahren geltend gemacht

Die Klägerin hat die Festsetzung der Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1 UrhG in Höhe von 739,23 € gemäß § 103 Abs. 2, § 104 ZPO beantragt. Insgesamt hat sie Kosten in Höhe von 856,63 € geltend gemacht und zwar Gerichtskosten von 200 €, Anwaltskosten von 531,40 € und Kosten für die Auskunft des Internet-Providers von 125,23 €. In erster Linie hat die Klägerin die Festsetzung von Kosten in Höhe von 739,23 € begehrt und zwar sämtlicher Gerichtskosten und Anwaltskosten sowie der auf die Auskunft des Internet-Providers über die Beklagte als Inhaberin von zwei von 32 IP-Adressen entfallenden Kosten (2/32 von 125,23 €). Hilfsweise hat sie die Festsetzung von Kosten in Höhe von 53,54 € beansprucht (2/32 der Gesamtkosten). Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt. Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, K&R 2013, 810 = ZUM-RD 2013, 639). Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Die Beschwerdeführerin wollte also die gesamten Kosten des Auskunftsverfahrens, obwohl es verschiedenen Nutzer betraf, von einem Nutzer ersetzt verlangen.

Was bekam die Beschwerdeführerin zugesprochen?

Dem erteilte der BGH eine Absage, er entschied vielmehr, dass die vorgelagerten Kosten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden können, aber eben nur anteilig.

Für die neue Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin nur – wie mit ihrem Hilfsantrag geltend gemacht – die Festsetzung von 2/32 der Gesamtkosten beanspruchen kann.

Die Beschwerde macht vergeblich geltend, die mit dem Hauptantrag geltend gemachten Kosten wären in derselben Höhe angefallen, wenn lediglich die beiden der Beklagten zugeteilten IPAdressen und nicht 32 IP-Adressen Gegenstand des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG gewesen wären. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, sich im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs bei den Inhabern der anderen IP-Adressen schadlos zu halten.

Abgesehen davon, dass es der Beklagten wohl kaum möglich wäre, die Inhaber der anderen IP-Adressen zu ermitteln, könnte sie diese auch nicht mit Erfolg als Gesamtschuldner auf Ausgleichung (§ 426 Abs. 1 BGB) in Anspruch nehmen. Es kann nicht angenommen werden, dass die Personen, die für die Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sind, die nach Darstellung der Klägerin über die hier in Rede stehenden 32 IP-Adressen begangen wurden, als Gesamtschuldner (§ 421 BGB) haften. Insbesondere gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei ihnen nicht um jeweils selbständige Täter, sondern um Mittäter oder Beteiligte (§ 830 BGB) handelt.

Hätte die Klägerin sämtliche Personen, die für die von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sind, in einem Rechtsstreit mit Erfolg in Anspruch genommen, hätte sich deren Haftung für die Kostenerstattung daher nicht nach § 100 Abs. 4 ZPO (Haftung als Gesamtschuldner), sondern nach § 100 Abs. 1 ZPO (Haftung nach Kopfteilen) gerichtet. Unter Berücksichtigung des diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Rechtsgedankens sind auch im vorliegenden Fall nur die anteilig auf die Beklagte entfallenden Kosten in Höhe von 2/32 der Gesamtkosten als im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen.

Was folgt daraus?

Die Geschäftsstellen in Hamburg, Köln und München, bei denen in denen letzten 4 Jahren zehntausende Gerichtsverfahren anhängig waren, werden in den nächsten Wochen und Monaten in tausenden Fällen Anträge erhalten, weitere Kosten nachfestzusetzen. Viele Beklagte, die vielleicht gerade ihre Angelegenheit abgezahlt haben, werden nun noch mit anteiligen Kosten belastet werden. Besonders teuer wird es für diejenigen, die (bzw. deren Kinder) einen Geschmack jenseits der Masse haben, da werden schnell noch einmal Kosten von 200,00 EUR bis mehrere tausend EUR auf diejenigen zukommen, die ihre Angelegenheit bereits erledigt dachten.

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