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OLG Dresden zur Löschung von Beiträgen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze

Von
Facebook

Gestern hatte ich bereits in einem kurzen Kommentar zu dem Ärger des Kollegen Stadler mit Twitter darauf hingewiesen, dass praktisch alle social media Plattformen nach den eigenen (schwammigen) Nutzungsbedingungen Beiträge löschen. 

Nun hat sich das OLG Dresden, AZ 4 W 577/18 am 8. August 2018 zu der Frage geäußert, ob von Facebook ein Beitrag gelöscht werden darf, der nicht strafrechtlich relevant ist und von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Facebook hat dies mit einer Berufung auf die Nutzungsbedingungen zu begründen gesucht und dabei besonders auf die Ausführungen zu Hassrede Bezug genommen.  

Die entsprechende Passageauf Facebook heißt:

Wir lassen Hassrede auf Facebook grundsätzlich nicht zu. Hassrede schafft ein Umfeld der Einschüchterung, schließt Menschen aus und kann in gewissen Fällen Gewalt in der realen Welt fördern.
Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Kaste, Geschlecht, Geschlechtsidentität, Behinderung oder Krankheit. Auch Einwanderungsstatus ist in gewissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definieren Angriff als gewalttätige oder entmenschlichende Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren. Wir teilen Angriffe wie unten beschrieben in drei Schweregrade ein.
Manchmal teilen Menschen Inhalte, die Hassrede einer anderen Person enthalten, um für ein bestimmtes Thema zu sensibilisieren oder Aufklärung zu leisten. So kann es vorkommen, dass Worte oder Begriffe, die ansonsten gegen unsere Standards verstoßen könnten, erklärend oder als Ausdruck von Unterstützung verwendet werden. Dann lassen wir die Inhalte zu, erwarten jedoch, dass die Person, die solche Inhalte teilt, ihre Absicht deutlich macht, so dass wir den Hintergrund besser verstehen können. Ist diese Absicht unklar, wird der Inhalt unter Umständen entfernt.
Wir lassen Humor und Gesellschaftskritik in Verbindung mit diesen Themen zu. Wir sind außerdem der Ansicht, dass die Nutzerinnen und Nutzer, die solche Kommentare teilen, verantwortungsbewusster handeln, wenn sie ihre Klarnamen verwenden.

OLG Dresden, aaO prüfte die Klausel unter verschiedenen Gesichtspunkten, wobei es die besondere Bedeutung und quasi Monopolstellung von Facebook berücksichtigte und führte aus:

Ein privates Unternehmen,  das  wie  die   Antragsgegnerin  in   derartig  weitgehendem Ausmaß die Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation übernimmt, tritt damit  in  Funktionen ein,  die  früher  dem  Staat  als  Aufgabe  der Daseinsvorsorge zugewiesen waren. Dies muss bei der Auslegung der Nutzungsbedingungen mitberücksichtigt werden.
b. Hieraus  folgt,  dass  eine  Sperrung und/oder Löschung nach  den Nutzungsbedingungen der Antragsgegnerin sich zum einen nicht gegen bestimmte Meinungen richten darf und zum anderen sichergestellt sein muss, dass diese Sanktionen nicht willkürlich festgesetzt und dass Nutzer nicht vorschnell und dauerhaft gesperrt werden. Demgegenüber ist auch die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, auf ihrer Plattform einschränkungslose Meinungsäußerungen zu dulden, die sie nach Inhalt und Form der Gefahr einer Inanspruchnahme entweder nach dem NetDG oder als Störer nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB aussetzen. Eine solche Gefahr ist bei den Tatbeständen, die in Ziff. 12 der Gemeinschaftsstand geregelt sind, nicht von der Hand zu weisen. Zugleich ist auch das berechtigte Interesse der Antragsgegnerin anzuerkennen, der u.a. in der Begründung des Regierungsentwurfs zum NetzDG beklagten "Verrohung der Sitten" durch sog. Hass-Postings entgegen zu wirken, weil diese sich mittlerweile generell auf den über soziale Netzwerke erfolgenden Meinungsaustausch negativ auswirken und damit nicht zuletzt auch das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin in Frage stellen.
Angesichts dieser berechtigten Interessen ist es nicht zu beanstanden, dass das Verbot der Hassrede in Ziff. 12 der Gemeinschaftsstandards auch Meinungsäußerungen betrifft, die unterhalb der Schwelle zur Schmähkritik bleiben. 

Fazit:

Nach dem OLG Dresden darf Facebook Beiträge löschen, auch wenn diese noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das OLG Dresden weist aber darauf hin, dass das  nur gestattet sei, wenn nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage die Löschung erfolgt, mithin diese in den Nutzungsbedingungen klar und nachvollziehbar dargestellt ist und nicht allein im Belieben von Facebook liegt. 


 

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